Kommuniaktionstipps für Physiotherapeuten

Gute Kommunikation ist der wichtigste Teil einer erfolgreichen physiotherapeutischen Behandlung.

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Im Blog erhälst du schoneinmal praktischanwendbare Kommunikationstipps.

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Eine Gute Anamnese ist das A und O einer erfolgreichen Therapie. Leider überschätzen wir unsere eigenen Kommunikationsfertigkeiten jedoch erheblich. Durchschnittlich finden wir nur 50% der Dinge, die unseren Patienten zu uns bringen. Deswegen erreichen wir damit, egal wie gut die Therapie ist, maximal die Schulnote 4… In diesem Blogbeitrag erfährst du 10 Tipps wie du deine Anamnese direkt verbessern kannst.

Für Schnellleser

  1. Bereite dich mental vor, indem du den vorigen Patienten abhackst
  2. Setze dich euch im 90° Winkel zum Patienten
  3. Beginne mit der Frage: Welches Ziel möchtest du mit mir erreichen
  4. Verwende nur, wenn unbedingt nötig, geschlossene Fragen
  5. Paraphrasiere
  6. Biete Struktur an durch die Techniken Signposting & Zeitframing
  7. Erfrage sowohl biomedizinische Faktoren als auch Illnesbeliefs
  8. Faszilitiere Antworten
  9. Eine Anamnese ist das Treffen zweier Experten (Physiotherapeut: Experte für Heilung und Patient: Experte seines Körpers)
  10. Biete Shared Decision making an

Für die, die gerne Hintergrundinfos möchten:

Der Alptraum eines jeden Mediziners ist es, seinem Patienten zu schaden. In fast allen Fällen in denen etwas gravierend schieflief, war der Verursacher im Kopf nicht bei der Sache. Deswegen nimm dir wenigstens 30 Sekunden, um bewusst abzuschalten - egal wie eng die Taktung ist. Ich mache es so, dass ich nach jedem Patienten einen Schluck Wasser trinke und eventuell kurz jongliere.

Die richtige Positionierung zueinander ist wichtig, um eine entspannte Atmosphäre für die Anamnese zu schaffen. Wenn ihr euch frontal gegenübersetzt, sorgt das für viel Spannung bei dir und deinem Patienten. Noch schlimmer wird es, wenn du ihm sagst: „Zieh dich aus, wir machen die Anamnese nebenbei“. Im rechten Winkel zueinander sitzend ist die beste Haltung, um Kontakt aufzubauen, ohne zu aufdringlich zu werden.

Als Physiotherapeuten sind wir Problemlöser. Wenn du mit der Frage, was der Patient erreichen möchte, beginnst, lenkst du den Fokus direkt aufs Lösen des Problems und nicht auf das mentale Ausbauen des Problems. Das Ziel sollte am besten SMART formuliert werden. D.h. es sollte spezifisch sein („Ich will ohne Schmerzen wieder Fußball spielen können“). Messbar (0/10 Schmerzskala). Anziehend (Wenn dein Ziel dich nicht motiviert, ist es das Falsche). Realistisch (Jemand der seit 5 Jahren querschnittsgelähmt ist, wird sehr wahrscheinlich nicht in 10 Wochen wieder zum Pokalfinale auflaufen). Termingebunden (innerhalb von 10 Wochen möchte ich das erreichen).

Verwende so wenig geschlossene Fragen wie möglich. Geschlossene Fragen kann man mit einem ja/nein oder sehr eindeutig beantworten. Diese sind gut im Morddezernat („Wo waren Sie in der Nacht von Freitag auf Montag?“), aber nicht in der Physiotherapie-Anamnese, da wir uns damit selbst Scheuklappen aufsetzen und nur einen winzigen Bruchteil der möglichen Antworten finden. Verteufeln will ich die geschlossenen Fragen nicht vollkommen. Am Ende der Anamnese ist das sinnvoll, um zu konkretisieren. Außerdem sind sie nützlich, um Unklarheiten zu beseitigen. Sonst ist der Winner immer die offene, einladende Frage.

offene Fragen

Kommunikation ist nicht eindeutig (genauer im Blogbeitrag über die 5 Axiome erklärt). Deswegen ist es unglaublich wichtig, dass ihr regelmäßig zusammenfasst, was bei euch hängen geblieben ist. Dadurch schafft ihr eine gemeinsame Welt, in der alle dasselbe sehen. Die lateinischen Fachbegriffe sind ein Beispiel der gemeinsamen Welt der Mediziner. Und das Wort Bizeps Brachii lässt uns alle an Schwarzeneggers Lieblingsmuskel denken.

Biete deinem Patienten Struktur an. Grade habe ich durch die Anamnese eine Idee geformt. Jetzt überprüfe ich sie durch klinische Tests. Dadurch weiß der Patient, was grade wichtig ist und was noch ansteht. Das nennt man “Signposting“. Kommunikation ist vielschichtig und allzu leicht schweifen wir vom Thema ab. Deswegen ist es notwendig, den roten Faden gegebenenfalls wieder aufzugreifen („Also Deine Schmerzen haben im Urlaub vor drei Wochen begonnen. Wie haben sie sich seitdem entwickelt?“)

paraphrasieren

Leider erfragen wir meistens nur die biomedizinischen Bestandteile des Problems und vergessen dabei die Beliefs unserer Patienten. Wenn unser Patient Yellow Flags verinnerlicht hat wie „Der Wirbel ist rausgesprungen. Deswegen darf ich nichts mehr machen“, dann werden wir es nie schaffen, ihn zum Training zu bewegen. Deswegen ein Tipp aus dem Leben: Auch als Physiotherapeut einfach mal den Psychologen light raushängen lassen.

Ermutige deinen Patienten zum Sprechen. Die wenigsten reden länger als 90 Sekunden, wenn sie die Möglichkeit bekommen, während wir Mediziner unsere Patienten oft nach 18 Sekunden unterbrechen. Es ist nachgewiesen, dass Patienten, die viel über ihr „Problem“ (ich sehe es lieber als Ziel, das auf dem Kopf steht) fragen, bessere Therapieergebnisse erreichen, als Nichtfrager. Das geht zum Beispiel durch die Ermutigung, Fragen zu stellen. Sagt eurem Gegenüber eindeutig, dass es jederzeit Fragen stellen darf - das wirkt Wunder. Weitere Möglichkeiten, Antworten zu fördern wären: Gib deinem Patienten nach dem Gesagtem kurz Zeit, noch etwas anzuhängen. Es heißt immer, dass Reden Silber und Schweigen Gold ist. Eine kurze Pause ist eine Einladung, weiter zu machen. Das könnt ihr mit nonverbalen Zeichen (Nicken und Blickkontakt) unterstützen. Mein Geheimtipp, um Leute zum Reden zu bekommen ist ein Schuss ins Blaue: „Du warst bestimmt einmal ein guter Sportler...?“ Darauf bekommt ihr oft ein „Ja, ich vermisse den Sport und würde ja gern wieder anfangen.“ Schon läuft das Gespräch.

Teamwork shared decission making

Leider passiert es uns allen viel zu oft, dass wir die Patient-Therapeuten-Beziehung als Hierarchie erleben, in der der Physiotherapeut der Alleinherrscher ist und der Patient zu folgen hat. Viel schöner und zielführender wäre es allerdings, wenn wir die Behandlung als Treffen zweier Experten sehen. Der Patient ist Experte seines Körpers und wir als Physiotherapeuten sind die Experten für Physiotherapie. Zusammen finden wir eine ideale Lösung für den individuellen Patienten. Z.B: „Wir können dich jetzt tapen und du spielst das Pokalfinale. Allerdings dauert die Reha danach 2 Wochen länger. Oder du setzt am Sonntag aus. Was meinst du: Welche Option gefällt dir besser?“

Achtung Bonuswissen: Wusstest du, dass Hierarchie von Hieron und arche abstammt? Das heißt heilige Herrschaft und wurde von der Kirche verwendet, um Herrendasein zu legitimieren…

Nutze regelmäßig eine oben beschriebene Strategie und du wirst extrem schnell deutlich bessere Anamnesen abnehmen. Viel Spaß beim Ausprobieren. Schreib mir doch gerne, was gut klappt und welche Punkte für dich schwer umsetzbar sind.

Bildquellen:

https://pixabay.com/de/illustrations/besprechung-meeting-gespr%c3%a4ch-1020230/

https://pixabay.com/de/illustrations/buchen-alt-surreal-fantasie-seiten-863418/

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